Wenn das Jahr beginnt
ohne dich
wenn die Magnolien blühn
ohne dich
wenn die Grillen zirpen
ohne dich
wenn die Kraniche ziehn
ohne dich
wenn das Jahr endet
ohne dich.
Wenn das Jahr beginnt
ohne dich
wenn die Magnolien blühn
ohne dich
wenn die Grillen zirpen
ohne dich
wenn die Kraniche ziehn
ohne dich
wenn das Jahr endet
ohne dich.
Atmet leben
Jeder Atemzug
Atmet Leben
Aus.
Mit dir
kann ich schweigen
kann ich streiten
kann ich Menschen
besser begreifen
wie du mit mir.
Mit dir
kann ich weinen
kann ich lachen
kann ich unmögliches
möglich machen
und du mit mir.
Mit dir
kann ich ruhen
kann ich rennen
kann ich Wolken
nach Tieren benennen
wie du mit mir.
———
Mit dir
darf ich Dinge
die durfte ich nie
weinen zum Beispiel.
Mit dir
kann ich Dinge
die konnte ich nie
tanzen zum Beispiel.
Mit dir
will ich Dinge
die wollte ich nie
alt werden zum Beispiel.
——-
Mit dir drang ich vor
in unbekannte Sphären
strahlend ergriff ich
Stern nach Stern
ohne zu merken
wie wir uns langsam
weiter und weiter
voneinander entfern‘
der Mond und ich
hätten dir gereicht
hast du mir später gesagt
ach, hätte ich dich doch
damals schon gefragt.
Manchmal will
ich einfach
nur schlafen
will ich einfach
nur schlafen
–
um zu
träumen
von dir
will ich
träumen
–
wie gerade.
hast du bei mir
vergessen
ich trug ihn noch lang
zum Einschlafen
nun riecht er
nur noch nach mir.
Der Tod hängt über allem
hängt der Tod
über mir und über dir
hängt über allen
hängt der Tod
–
kommt mal leise angeschlichen
nach Jahren im tiefen Schlaf
und einem letzten Händedruck
den du ihr voll Liebe gabst
–
kommt mal plötzlich in dem Wissen
dass er viel zu früh ihn traf
beim Wandern ein Steinschlag
unerklärlich Jahr um Jahr.
–
Der Tod hängt über allen
hängt der Tod
über mir und über dir
hängt über allem
hängt der Tod.
–
Wie ein Stern am Himmel.
Zu sehen ist sie nicht
zu erahnen ist sie.
–
Der graue Himmel bebt
ich schaue an einen Leuchtturm gelehnt
hinüber zum anderen Ufer der Elbe
und seh ein im Kreis drehendes Licht
–
während es donnert
während es blitzt
während es gießt wie aus Kübeln
–
verschwimmen Himmel und Fluss
drunter und drüber und gegenüber
poltern Regentropfen auf Autodächer
wie erbsengroße Hagelkörner
mein Kopf in deinem Schoß
–
Im Osten erwarten die Kräne des Hafens
jene flussaufwärts fahrenden Schiffe
deren Lichter gleich verschwunden sein werden
nie werd ich sie wiedersehen
–
während es donnert
während es blitzt
während es gießt wie aus Kübeln
–
startet aus dem drehenden Licht
eine Möwe in die bald so weißen Wolken
des dann so strahlend blauen Himmels
unter ihr die inmitten des Flusses liegende Insel
–
die nicht zu sehen ist
die nur zu erahnen ist.
Wenn ich
wenn du
wenn wir
–
wenn er
wenn sie
wenn ihr.
Des Winters Kälte
an den Fingern
eisig
im Gesicht
der Wind
dunkelhell das Licht
ich stehe an dem Gleis
dem einen
ein zweites gibt es nicht
ich hör die Bahn von weitem
wohin die Reisenden wohl reisen
lass mich gehen
lass mich leiten
lass mich gleiten
wie die Möwen
krächzend kreisen
in der Luft
der Ruf
des neuen Jahres.
Im Taxi auf der Rückbank
weint er hemmungslos
der Taxifahrer sagt nichts
und fährt rücksichtslos
–
über rote Ampeln
setzt den Blinker nicht
fährt viel zu schnell
trotz schlechter Sicht
–
er sollte was sagen
er sagt nichts
wie kann er es nicht wagen
weint bloß bitterlich
–
Sie ist wirklich gegangen
oder ging doch er
es hat sich angedeutet
und fällt trotzdem schwer.
–
Das Taxi ist schon da und hält
die Fahrt unangenehm wie nie
trotzdem gibt er Trinkgeld
er denkt nur an sie.
–
Sie hat es nicht ausgesprochen
er hat es gespürt
das Unschuldige zerbrochen
sie war nicht mehr berührt.
Sie sitzt im Rollstuhl am Strand
ein Eis in der rechten Hand
an einem der letzten Sommertage
nachdenkend über meine Frage
sie schaut über die Kieler Förde aufs Meer hinaus
sieht Fähren am Horizont fahren, der Sonne entgegen
wie gerne wäre sie dort, noch lieber zuhaus‘
erzählt schließlich von einer magischen Nacht
wild tanzend hatte sie diese unweit von hier
mit ihrem längst verstorbenen Ehemann verbracht
und lächelt milde
ob sie spürte, es würde unser letztes Treffen sein
während ich in meinem Kaffee rührte
an meinen Opa dachte
ihrem Blick zum Horizont folgte
wo die Schiffe zogen und die Sonne
langsam, ganz langsam
hinter einer Wolke
verschwand?
Mit dem faden Geschmack im Mund
von trockenem Rotwein und
süßer Zartbitterschokolade fährt sie
während andere längst schlafen
mit einem spöttischen Lächeln Richtung Flughafen.
–
Wo sie sich das erste Mal trafen
vor zwei Jahren auf den Tag genau
sie war damals eine andere Frau
ziemlich selbstherrlich und arrogant
wie sie sich dank ihm später eingestand.
–
Nicht, dass sie es jetzt nicht mehr ist
aber sie kann über ihre Arroganz lachen
kann Witze über sich machen
doch das sieht sie gerade nicht
als sie allein am Flughafen sitzt
–
neben einem Mann mit einem Rotwein
in der einen und einer Zartbitterschokolade
in der anderen Hand und
rund um den Mund
einem spöttischen Lächeln.
Am Elbstrand sitze ich
eine Möwe zieht krächzend Kreise
Container krachen leise
der Wind rauscht laut
–
Wellen laufen aus
Schiffe schwer beladen
her tragen mich Gedanken
Bilder aus vergangenen Tagen
–
wie ich stand am Strand
im knöcheltiefen Schnee
getragen von Fernweh
von einer neuen Liebe
–
zwischen den Gewalten
–
gehalten von Heimweh
von einer alten Liebe
fallende Container poltern
Schiffe laufen leise aus
–
Wellen rauschen laut
im drehenden Wind
tragen Gedanken
mich nach Haus
–
was war und was ist
die Möwe lacht
mir zum Abschied
ins Gesicht.
Der Sommer schien vorüber
der Herbst fing gerade an
kam der Sommer wieder
der Herbst blieb angefang‘.
–
Eicheln fallen nun
in sommerlicher Luft
der Duft des Schmerzes
der Ruf des Herbstes.
–
Vielleicht und weder noch
doch kein Ende
kein Anfang
zwischen
uns
Ein Baum steht dort
er steht dort schon seit langem
er stand dort schon vor Jahren,
stets war ich vorbeigefahren.
Letzte Woche hielt ich an,
widmete mich seiner ganz,
fragte mich, wie alt er ist,
warum er wohl am Leben ist.
Ich ging um ihn herum,
lehnte mich an seinen Stamm,
klopfte sacht und schaute
aufmerksam an ihm entlang
bis zu seiner Krone,
fühlte seine Blätter,
sie waren nass und warm.
Ich trat ganz nah an ihn heran,
und näher, nahm ihn in meinen Arm,
meinen Atem warf er mir zurück,
ich setzte mich zu seinem Fuße,
verabschiedete mich mit einem Gruße,
winkte und wünschte Glück.
Ein Baum steht dort
er steht dort schon seit langem
er stand dort schon vor Jahren,
heute bin ich vorbeigefahren.
Ich wink dem Meer zum Abschied,
der Kurzurlaub vorbei,
ich verdrücke eine Träne,
vielleicht sind es gar zwei.
Zugleich jauchz’ ich vor Freude
auf die Fahrt nach Haus,
im bittersüßen Übergang
fängt wundervolles an.
Neues in Erwartung
Altes halb vorbei
ziehen schöne Tage
in Erinnerungen vorbei
welche bleiben.