Wenn das Jahr beginnt
ohne dich
wenn die Magnolien blühn
ohne dich
wenn die Grillen zirpen
ohne dich
wenn die Kraniche ziehn
ohne dich
wenn das Jahr endet
ohne dich.
Wenn das Jahr beginnt
ohne dich
wenn die Magnolien blühn
ohne dich
wenn die Grillen zirpen
ohne dich
wenn die Kraniche ziehn
ohne dich
wenn das Jahr endet
ohne dich.
ich fahre nur auf Sicht
fühle meine Narben
vor mir ein Nebelschlusslicht
–
leuchtet mir den Weg hinaus
aufs Land weg von alten Wunden
die Ausfahrt zu meinem Elternhaus
verpasste ich vor Stunden
–
ich fahre durch die Felder
vorbei an vielen Seen
hinter mir die Wälder
ob sie wohl verstehn
–
ich suche sie und finde mich
im roten Nebelschlusslicht
was immer auch geschieht
ich suche mich und finde sie
–
waren auch mal Kinder
jetzt sind sie nur noch Eltern
es ist der erste Tag im Winter
sie waren nie nur Eltern.
in der blauen Stunde
leuchtet das Tau
im Gras zwischen den Straßen
fallen im lauen Wind Blätter
die ich versuch zu fangen
nicht fange
werd langsam und langsamer
trotzdem nicht fange
steig ab und warte
bis eine Böe das nächste Blatt erfasst
vom fast leeren Ast tanzt es gen Erde
versuch es zu fangen
nicht fange
Versuch es so lang
bis ich zumindest ein Blatt
gefangen hab eins gefangen
warte bis der Wind es weht
aus meiner Hand
zu den anderen Blättern
die zuvor zu Boden
segelten unbemerkt
auf direktem Wege
mit dem Rad zur Arbeit
in der blauen Stunde.
Ich öffne das Fenster
und schaue aufs Land
die Sonne steigt langsam
ich vermiss deine Hand
–
in meinen Haaren
auf meinem Rücken
meine Finger
an deinen Lippen
–
häng ich
hör dir zu
wie du atmest
in lustvoller Ruh
–
die salzige Morgenluft
auf deiner nackten Haut
küss ich dir ab
von deinen Schenkeln.
Ich sitz am Steg am Ukleisee
ruhig und klar das Wasser
blau wie der Himmel
spiegelt sich im Wasser
–
das Spiel der weißen Wolken
die sich jagen, ineinander übergehen
die zerfallen und vergehen
in der Ferne Glockenläuten.
–
Ich schau zum anderen Ufer
dort strahlen alte Bäume
grün auch der morsche Steg
tief hängen hier die Träume.
–
Ich sitz am Steg am Ukleisee
mit meiner lieben Mutter
wir schweigen stumm
in Gedanken unserer Spiegelung.
–
Was sie von mir in sich sieht
was ich von ihr in mir sehe
ob sie mich bedingungslos liebt
ich ihre Ambivalenzen verstehe
–
wohin wir miteinander flögen
wenn wir denn fliegen könnten
vom Steg des Ukleisees
sehen wir das Spiel der Wolken
Vergängliches fällt
von den Bäumen
Vergängliches hält
sich in den Räumen
Vergängliches stellt
mich in den Träumen.
Vergängliches.
Kein Blatt wie das andere
so sehr sie sich auch gleichen
ist keines eines anderen gleichen.
Zwischen gelben Blättern
steht diese Bank im Park
auf der ich bis eben saß
und in einem Buche las
–
das du geschrieben hast
auf jener Bank im Park
ich sah dir manchmal zu
wie du schriebst mit großer Ruh
–
wie du Zeit und Raum vergaßt
auf jener Bank im Park
auf der ich bis eben saß
in deinem Buche las
–
Raum und Zeit vergaß
auf dieser Bank im Park
schlug ich in aller Ruh
nunmehr dein Buche zu.
Blätter sammeln sich
in der Ecke eines Beckens
schwimmen auf dem Wasser
dem Sternenlichte nahe
von welchen Bäumen
sie fielen
die vielen Blätter
aus welchen Träumen
sie fielen
die vielen Blätter
sammeln sich in der Ecke
eines Beckens
schwimmen auf dem Wasser
unweit der Sterne.
Ich gehe durch den Morgen
ich seh‘ die Leute fahren
zur Arbeit mit dem Rad
ich seh‘ die Leute sitzen
mit der Bahn in die Stadt
ich seh‘ die Vögel fliegen
nach Süden in ihrem Schwarm
ihre Nester längst verlassen
der kalte Wind hält mich warm.
Gegen Mittag im November
das Gras noch nass
von letzter Nacht
die Füße nackt
es fällt ein Blatt
die Sonne blendet tief
bis eben schlief sie hinter Wolken
wieviel Kraft sie doch hat
wirft lange Schatten
auf das satte Grün
von Bäumen und Ästen
von Vögeln und Menschen
gegen Mittag im November.
Hinter jedem Tag im Herbst
wartet ein Tag im Winter.
Hinter jedem Tag im Winter
wartet ein Tag im Frühling.
Hinter jedem Tag im Frühling
wartet ein Tag im Sommer.
Hinter jedem Tag im Sommer
wartet ein Tag im Herbst.
Hinter jedem Tag.
Im November
früh am Morgen
schwimmt im kalten
Fluss ein nackter Mann
sinnt im Wasser gelegen
wann er seinen Weg fand
mit Genuss im Nieselregen
gelassen, ruhig und leise
bewegend nur im Kreise
dem Strom entgegen
trotzt den Gewalten
ob ohne Sorgen
im November.
Auf geht die Sonne
an bricht ein neuer Tag
in des Morgens golden Licht
des Winters Hauch
steigt Nebel wie Rauch
aus einem Schornsteine auf
taucht am Horizont
der Monde unter
dir die Sterne.
Bald
sind nackt die Zweige
zu neige
geht der Herbst
am dunklen kalten Tage
zeigt sich das warme Herz
tritt
Schritt für Schritt
das wahre Ich ans Tageslicht.
Eines Abends im November
gedankenschwer
fällt ein Blatt zu meinem Fuße
eine blätterlose Weide über mir
unter mir spiegeln sich
Lichter im Flusse
mitten in der Stadt
menschenleer
über jene Brücke
schreitet wer
unter jener Brücke
fährt ein Schiff
Richtung Meer
treibt das Buchenblatt.
Die Blätter färben sich und fallen
liegen leblos bald am Boden
eines fällt mir in den Schoß
sanft fiel groß von oben
des Ahorns Blatt
dunkelrot
des Ahorns Blatt
fiel sanft, fiel es von oben
in meinen Schoß ruht still
ein Fuß nackt auf‘m Boden
Blätter segelten, fielen von oben.
Durch die Blätter scheint das Licht
das der Waldesboden bricht
und zurück zum Himmel schickt.
An diesem sonnigen Tag
im frühen Herbst
sitze ich im leichten Winde
auf Metall, wie es hallt
unter meinen Fingern
die klopfen sanft und stark
im Wechsel die Beine
ausgestreckt und angewinkelt
sitze ich sicher nah am Rand
den Rücken an der Wand
während ich mit mir winde
die rechte Hand baumelt
über dem Hang
die linke ruht in der Jackentasche
eine Kastanie
ich könnte aufstehen
ich könnte balancieren
an diesem herrlichen Tag
im frühen Herbst
wärmt die Sonne leicht
so wie der Winde weht
gesammelte Regentropfen bewegt
die Äste biegen weich
hier sitz ich früh und spät
bis ich balanciere.
Der Sommer schien vorüber
der Herbst fing gerade an
kam der Sommer wieder
der Herbst blieb angefang‘.
–
Eicheln fallen nun
in sommerlicher Luft
der Duft des Schmerzes
der Ruf des Herbstes.
–
Vielleicht und weder noch
doch kein Ende
kein Anfang
zwischen
uns
Wind.
Blätter.
Prasseln.
Verwehen.
Melancholie.
Lichter.
Fallen.
Wehen.
Licht.
Regen.
Sammeln.
Vergehen.
Farben.
Früchte.
Leuchten.
Gehen.
Ich blicke auf die grünen Hügel der Vogesen,
Nebel steigt aus dem Tal herauf,
an die Scheiben peitscht der Regen.
Der Ofen wärmt, die Vögel zwitschern,
ich denke, an das Plätschern des Rheins,
an die Natur als Spiegel meines Seins.
Wie die Flüße fließen,
wie die Wolken ziehen,
wie die Hügel im Nebel verschwinden,
wie die Vögel weiterziehen.
So klar und so bewusst,
breitet sich in mir die Einsicht aus,
wahre Ruhe ist stets im Fluß.
Am Abend spürst du nach,
wie lange liegst du wach?
Du lauschst dem Regen,
er trägt dich in den Schlaf.
Du träumst dich durch die Nacht,
bis du am Morgen erwachst,
du lauschst dem Regen,
worüber denkst du nach?
Regen fällt,
ich schaue zu,
wie er fällt,
mit aller Ruh.
Ich spür mein Blut
in meinen Adern,
ich spür mein Herz,
wie es schlägt,
ich spür den Sommer
und den Winter,
ich spür mein Bauch,
wie er sich neigt und hebt
unter meinem Atem.
Regen fällt,
ich höre zu,
wie er fällt,
mit aller Ruh.
So dunkel der Abend,
so dunkel die Nacht,
so dunkel der Morgen,
so kalt, so klar,
so hell der Tag,
so warm, so wahr.
Am frühen Morgen schwebt,
es ist dunkel, fast noch Nacht,
der Nebel über der Wiese.
Eine leichte Brise weht
den Duft einer alten Liebe,
ehe die Welt sogleich erwacht
in ihrer herbstlichen Pracht.
Blätter, welk, liegen auf dem Boden,
sie fielen vor langer Zeit,
sie fielen eben von droben,
die welken Blätter auf dem Boden.
Sie lebten bis eben,
sie starben vor langer Zeit,
die welken Blätter auf dem Boden,
die fielen, wann, von droben.
Einst aus einer Knospe erwachsen
grün, satt und hell, schwangen
sie lebendig schaukelnd,
schwangen sie schnell im Wind.
Ehe sie schwebten,
wann,
von droben
ehe sie lagen,
dann,
auf dem Boden
die welken Blätter.
Die Wärme des Sommers liegt
zurück, mit kaltem Schritt
naht der Herbst,
lehrt die Endlichkeit,
kehrt das Innen nach Außen.
Von Draußen dringt klare Herbsteskühle
durch die weit geöffneten Fenster ein,
bringt die Kerzen deren Schein
zum Flackern,
wie sie schwingen,
wie sie singen.
Bevor sie ausgehen,
eine nach der anderen,
auswehen.