„Nun liegt
kein Schnee mehr“
sagt er zu ihr
„lass uns ans Meer
fahren.“
„Nun liegt
kein Schnee mehr“
sagt er zu ihr
„lass uns ans Meer
fahren.“
Den Handschuh
verloren
beim Spaziergang
am Abend
wie ich erst verstand
als ich ihn wiederfand
beim Spaziergang
am Morgen
am Wegesrand
liegend in einer Pfütze
an der ich stand
und gebannt
nach unten sah
ob des Regens
der Kreise warf
wurde mir der
Handschuh
gewahr
an diesem
regnerischen
Donnerstag.
Am Bahnsteig wartet eine Frau
sie steht und schaut hinauf
in das Himmelsblau
vorbei an einer Uhr
der Wind weht lau.
Wiedersehen
würd ich
dich
gerne.
Ich gehe über diese Brücke
am heutigen Tag
sie ist gewöhnlich
und unscheinbar
besonders
was ich mag
wenn sie leuchtet
in der Nacht
unter den Laternen
ob ich nah bin oder fern.
Zwei Schornsteine
beide hoch
der eine höher
stoßen Rauch aus
trifft sich
steigt hinauf
sinkt hinab
mit dem Winde
auf und ab
eins mit der Luft
nach Sekunden
schon verschwunden
der alte Rauch
neuer stößt aus.
Eben noch saß sie auf der Bank
schaute auf das flache Land
und nahm sich Zeit
auf ihrem Weg zur Arbeit
–
dachte sie nach weswegen
wofür und wie will sie leben
so nicht, das war ihr nun klar
es ist unehrlich und unwahr
–
sie stand auf und rief ihn an
lief auf und ab und sagte dann
„Ich möchte etwas zum Guten bewegen
in meinem, diesem einzigen Leben.“
–
Er verstand, während er nach Worten rang:
„Dein Leben sollst du leben
frage stets wofür, wie und weswegen
endlich wirst du wissen, wo lang.“
–
Sie setzte sich wieder auf die Bank
schaute auf das flache Land
sie saß dort stundenlang
ehe sie schließlich gang.
Ein andrer Ort
viel ich, kaum wir
bin grad fort
und noch bei dir
–
am andern Ort
bin nicht bei dir
ich hier, du dort
bin doch ein wir.
ruhig, still und leise
wie an nem feiertag
aber auf ne gespenstische weise
an jedem wochentag
–
bleiben wir wenn möglich
allein drinnen zu haus
gehn nur raus, wenn nötig
setzen uns masken auf
–
zum einkauf der dinge
des täglichen gebrauchs
wie ich immer wieder ringe
mit den dingen und ihrem lauf
–
warum es ist, wie es ist
es sollte anders sein
nein, es ist, wie es ist
es kann nicht anders sein.
fünf minuten hab ich
für dieses gedicht
jetzt nicht mehr
sind nun nur noch vier
denk zu viel
schreib zu wenig
bräuchte wohl ein bier
ein alkoholfreies natürlich
drogen sind für mich nicht mehr
außer kaffee versteht sich
und auch mal ein wenig teer
naja, und ab und an
gönn ich mir nen schnaps
wers glaubt, der hats
aber nun, ich schweife ab
jetzt sind es nur noch drei
in wirklichkeit gar nur noch zwei
jetzt denk ich nochmal richtig nach
für ein würdiges ende
…
ende.
Dunkel ist es draußen
dunkler tief in mir
dunkel ist es draußen
die Dunkelheit in mir
–
drängt nach draußen
ich fürchte mich vor ihr
dunkel ist es draußen
noch dunkler tief in mir.
hab dich viel zu lang
nicht mehr gesehn
wie konnte das geschehn
lag es an mir
lag es an dir
wollte es verstehn
–
schrieb dir
wann wir uns wiedersehn
du schriebst nicht
und dann irgendwann
mit vielen worten
dass du nicht kannst
–
ich verstand
es fehlte nie die zeit
du bist schlicht nicht bereit
würd gern sagen, ist halt so
dass es mich sehr trifft
ohne jegliches wieso.
Und ich stehe auf dem Deich
schaue still voll Fernweh
hin zum Horizont
wo die Nordsee
den Himmel
küsst
was habe ich
nicht alles vermisst
im vergangenen Jahr
als so vieles anders war
es ist der erste Januar 2021.
Des Winters Kälte
an den Fingern
eisig
im Gesicht
der Wind
dunkelhell das Licht
ich stehe an dem Gleis
dem einen
ein zweites gibt es nicht
ich hör die Bahn von weitem
wohin die Reisenden wohl reisen
lass mich gehen
lass mich leiten
lass mich gleiten
wie die Möwen
krächzend kreisen
in der Luft
der Ruf
des neuen Jahres.
es kommt das neue jahr
das alte fast vergangen
hinein ins neue jahr
um neu anzufangen.
–
zwanzigzwanzig stellte fragen
welche lasten kann ich tragen?
wieviel verbot verträgt die freiheit?
wieviel wiegt leid und einheit?
–
zwanzigeinundzwanzig als versprechen
wird es gehalten oder brechen?
wird es ein zurück in die alte zeit?
ist die welt hierfür bereit?
Sie trafen sich am selben Gleis
sie fuhr gerne Bahn, er Bus
als Selbstzweck mit Genuss
hin und zurück oder im Kreis.
–
Sie kamen ins Gespräch
über ein Buch von Murakami
das sie jeweils beim Warten lasen
bevor sich ihre Blicke trafen.
–
Beide liebten es, dem Alltag zu entfliehen
liebten Landschaften, die vorüberziehen
liebten Reisegeräusche
wie Stille andere Leute.
–
Sie vergaßen Raum und Zeit
redeten über Vergänglichkeit
über das Suchen und Finden
über das einfach Verschwinden.
–
Sein Bus war längst gefahr‘n
als sie ihre Bahn nahm
doch das sagte er nicht
mit einem Lächeln im Gesicht.
Es war einmal ein Mensch
der tat recht wenig
ruhte aus
wenn möglich
redete er kaum, hörte viel zu
er war phlegmatisch womöglich.
–
Es war einmal ein Mensch
der tat immerzu
kannte keine Ruh
redete mit Genuss
in einem Fluss
er war wohl lebhaft bis zum Überdruss.
–
Es war einmal ein Mensch
der tat mal hier, ruhte mal dort
redete
dann und wann
hörte er zu in aller Ruh
er war zu zweit an einem Ort.
Ich frage nicht nach morgen
manchmal zumindest nicht
–
ich frage nicht nach gestern
manchmal zumindest nicht
–
ich trage mich ins heute
manchmal zumindest.
Er setzt sich dort
nach dem ersten Date
er ginge mit ihr sofort
bis ans Ende der Welt.
–
Sie setzen sich dort
nach einem erneuten Streit
geprägt von Vorwürfen
wie ist sie es leid.
–
Er setzt sich dort
nach dem endgültigen Ende
wenn sie es wüsste
wie sie es fände.
Mit den Gedanken irgendwo
mit den Gedanken nirgendwo
tagträume ich durch den Morgen
ein Bus fährt vorbei
Autos lärmen entgegen
es rattert laut die Bahn
auf meine Haut fällt Regen
ich halt kurz inne
schaue nach oben
atme den Moment
unumwoben
ehe ich renne.
wenn ich abwäge
zwischen
der (un)wahrscheinlichkeit des geschehens
und dem verzicht des sehens
dem sollen und dem wollen
dem druck von außen und von innen
weiß ich nicht
was richtig ist
was falsch ist
weiß ich
alternativlos
gibt es nicht
Ich steh‘ unter zwei Brücken
die eine führt gen Norden
die andere gen Süden
über mir zwei Brücken.
–
Auf Schienen fahren die Bahnen
immer denselben Weg
die Schienen sind der Rahmen
für immer denselben Weg.
–
Die Menschen malen das Bild aus
mit stetig verschiedenen Farben
sie steigen ein und steigen aus
verändern mild die Farben
–
des immer selben Wegs
mancher sitzt und mancher steht
doch jeder geht auf seinem Weg
zumindest ein paar Schritte
–
mancher sucht nach seiner Mitte
mancher fand sie schon vor Jahren
mancher band sich, zu bewahren
mancher sieht die ersten Risse.
–
Meine Wahrheit brodelt verborgen
zusammen mit meinen Lügen
gestern wie heute wie morgen
wie kann ich mir genügen?
Langsam fällt der Regen
die Tropfen einzeln und allein
ich hör’ die Menschen reden
sie lassen mich hier sein.
–
Ich seh‘ bis auf den Grund
den die Tropfen nie erreichen
sie ziehen Kreise und
suchen ihresgleichen.
–
Ein Teichhuhn findet Futter
nah am Ufer bei den Steinen
ich denk‘ an meine Mutter
bin ich mit ihr im Reinen?
Sie sitzen dort und warten
hinter ihnen der Hafen
sie sitzen dort und warten
so ruhig, als ob sie schlafen.
–
Sie sitzen dort bei Sturm
sie sitzen dort bei Regen
sie sitzen dort als würd‘ es
nichts and’res für sie geben.
–
Sie sitzen dort und warten
selbst in der tiefen Nacht
hinter ihnen der Hafen
der ruhig über sie wacht.
Sie kann nicht schlafen
wie fast jeden Abend
kommt sie hierher
schaut auf die Gleise
schaut den Bahnen hinterher
fragt leise nach den Hintergründen ihrer Reise
–
Sie weiß, sie flieht von zuhaus‘
sie weiß, sie will hinaus
weg von Bier und Wein
rein in die Anonymität
manchmal steigt sie ein
fährt ohne Ziel durch die Stadt.
–
Es hat etwas beruhigendes.
Sie sehen sich jeden Wochentag
für nicht länger als eine Sekunde
immer morgens zur selben vollen Stunde
fährt sie mit der U-Bahn rein in die Stadt
und er mit der U-Bahn raus aus der Stadt.
–
Wenn die Bahnen aneinander vorbeifahren
trifft sich ihr Blick für einen flüchtigen Augenblick
ihr war gar, als hätte er ihr zugenickt
ehe er sich im eigenen Spiegelbild verliert
als wäre nichts passiert.
Ein Morgen im November sacht erwacht
Tau auf dem Brückengeländer
nach einer langen Nacht
über dem Wasser
schlief der Nebel
bis eben
tief
scheint das Sonnenlicht
bricht im sanften Wellenschlag
Kräuselungen und Spiegelungen
an dem noch jungen Tag
starten Gänse schnatternd
ich lebe, was ich hab‘
vor mir mein
eig‘ner Atem
ein und
aus.
Unter der Woche fährt er
mit der U-Bahn in die Stadt
manchmal schläft er ein
manchmal bleibt er wach.
–
Er wurde hier geboren
und er wird hier sterben
hier wuchs er heran
von einem Kind zum Mann.
–
Am Wochenende schaut er
aus seinem Fenster raus
er kennt hier jeden Stein
hier ist sein Zuhaus‘.
–
Alle kennen ihn
zumindest sein Gesicht
manche gar seinen Namen
die meisten aber nicht.
–
Allen, die vorbeigehen
wünscht er ‘nen guten Morgen
er weiß von ihren Träumen
er weiß von ihren Sorgen.
–
Nur von seinen eig‘nen
wusste er noch nie
will er auch nicht wissen
darum fragt er sie.
Angenommen
du hättest ewig Zeit auf dieser Welt
und du hättest auch unendlich Geld
da wären keine Sorgen weit und breit
und keine Eitelkeit, niemand schaute zu
was tätest du voll Muße und in Seelenruh‘
allein für dich mit einem Lächeln im Gesicht?
Ich gehe durch den Morgen
ich seh‘ die Leute fahren
zur Arbeit mit dem Rad
ich seh‘ die Leute sitzen
mit der Bahn in die Stadt
ich seh‘ die Vögel fliegen
nach Süden in ihrem Schwarm
ihre Nester längst verlassen
der kalte Wind hält mich warm.
Wie schwer es mir fällt
Gegenwärtiges
bewusst zu erleben
mein Verstand liebt zu wandern
in Zukunft und Vergangenheit
zu schweben.
Der Tag fühlt sich an
wie ein improvisierter Tanz
schwere Aufgaben fallen leicht
vom Kopf in die Füße klingen
seicht schwingende Liebesgrüße
des Herzens zum Bauch unverbraucht
kreuz und quer schüttelnd
an den Naturgesetzen rüttelnd
Beine schlagen Haken
die Arme tragen einen Flik Flak
die Hüften bebend
im Takt schwebend
der Bauch singt
mit weit geöffneten Mund
ein Lied erklingt
laufend
springend
über den Bürgersteig
hallt es weit und breit
inmitten der Leute
alles kann gelingen
nichts misslingen
heute.
Ich seh dich sitzen
genüsslich eine Zigarette rauchend
nachdenklich schauend
in meine Richtung
du siehst mich nicht
deine Augen leuchten
an einem anderen Orte.
Die Menschen kommen nach Haus
von der Arbeit nach dem Einkauf
was der Abend bringen mag
ob jemand auf sie wartet
nach diesem langen Tag
–
trägt die junge Frau
gelbe Blumen heim
er läuft in sie hinein
auf dem breiten Bürgersteig
sein Blick gerichtet nach oben
diese wunderbare Färbung
seine blauen Blumen
verteilt auf dem Boden
ihre gelben ebenfalls
–
gleichwohl lacht sie laut auf
und formt strahlend
einen leuchtend
blau-gelben
Strauß.
Wie ein breiter Bach jener flache Fluss
hinüber führt diese alte Brücke
auf ihr stehen schiefe Häuser
schließen ohne jede Lücke
von dem höchsten Dach
stürzt eine erste Taube steil hinab
–
fängt fein sich auf
fängt fein sich ab
stürmt erneut hin
aufs höchste Dach
gurrt und schaut hin
ab mit Genuss in
Richtung Fluss
fängt fein sich auf
fängt fein sich ab
–
nun tut eine zweite Taube es gleich
derweil kühl ich meine Füße seicht
watend im flachen Fluss
und schaue mit Bedacht
hoch zum höchsten Dach
zu den hinabstürzenden Tauben.
Ein Sommerabend zwischen neun und zehn
aus offenen Fenstern weh‘n
Fernsehgeräusche
mahnende Worte
und Zigarettenrauch
vom Balkon gegenüber
schaut ein Mann
zu mir herüber,
Blicke treffen sich,
ich hab ihn lang nicht mehr geseh‘n,
und wenden sich ab
zu zwei Vögeln, die fliegen davon,
begleitet vom Gesang ihrer Artgenossen,
im Hintergrund Motorengeräusche,
das Rauschen der Straße,
die Geräusche einer Feile,
über allen, der Himmel, weich.
Noch werden
die Tage länger
nicht mehr lange
das Licht der Sonne
rötlich weich
es weht kein Lüftchen
weit und breit
der Himmel
Äste stehen still
als hielten sie an
ihren Atem.
Der Himmel voll von Wolken
die nebeneinander stehen
die ineinander übergehen
weiß, einzeln, grau
das Himmelsblau ist
nicht zu sehen
und ist doch da
und ist doch nah
hinter all den
Wolken.
Du sagst mir,
es wird alles gut,
doch leider weiß ich nicht,
ob dem wirklich so ist
oder zum Glück?
Ich sage dir,
für das Niveau deiner
Erfahrung bist du
selbst verantwortlich,
das stimmt oder nicht?
Ich sage mir,
ein bisschen Zweifel
gehört eben
zum Leben mit dazu,
zumal zu meinem.
Über die raschelnden Kronen
der wiegenden Bäume
schaue ich hinab zur See,
es gibt nichts, das ich versäume,
bis die Sonne untergeht.
Es ist kühl im hohen Sommer,
eine Schwalbe träumt im Wind
zu den Liedern einer Eule,
es gibt nichts, das ich versäume,
bis ein neuer Tag beginnt.
Wohin Zeit verrinnt,
Wind durchdringt
die Stille,
drückt, bläst
an die Scheiben,
findet herein bald
durch einen
winzigen Spalt,
wie lang wird
er verbleiben?
Die Schwere sinnt,
es war einer dieser Tage,
an dem der Winter mit
dem Frühling tanzte,
der kalte Wind.
Es war einer dieser Tage,
an dem der Frühling mit
dem Winter tanzte,
die warme Luft,
der leichte Duft.
Wie der Tag sich neigt
dem Ende zu
in aller Ruh
winkt der Winter
dem Frühling zu
vergangen ist
das Vergängliche
niemals ist
Tief steht einem
aufgehenden Monde ähnlich,
tief senkt sich allmählich
über dem Wasser des Pazifiks
umgeben von dichten Nebel
ohne zu blenden,
ohne den Himmel zu färben,
die untergehende Sonne,
hell leuchtend in warmen Orange.
Wirkt so nah,
unfassbar nah,
fast greifbar
und bleibt doch
unerreichbar.
Dem Regen
Raum und Zeit
geben,
so weckt er
diese unfassbare
Sehnsucht
nach Leben.
Aufgegangen.
Aufgestanden.
Gegangen.
Vergangen.
Verlaufen.
Gelaufen.
Angekommen.
Abgesagt.
Angefragt.
Zugesagt.
Hingegangen.
Angefangen.
Beendet.
Gesendet.
Zurückgegangen.
Untergegangen.
Hingelegt.
Aufgegangen.
Aufgestanden.
Eine Amsel singt auf dem Dach,
ein Spatz hüpft hierzu im Takt
von Ast zu Ast der
gegenüberliegenden Lärche,
seine leichte Last biegt deren
Äste seicht gen Erde,
wie stark diese dennoch
zurück gen Himmel federn
überrascht
ebenso, dass fast synchron
Amsel und Spatz
kurze Zeit später
ihren jeweiligen Platz aufgeben
und fort fliegen, gemeinsam
nur ich bleibe
allein, nicht einsam,
zwischen Dach und Lärche
an meinem Ort,
jenem vertrauten Balkon,
der einem Aste gleich
vom Stamm entzweiend
in die Lüfte reicht
im Frühling langsam erwacht,
im Herbst allmählich ausruht,
im Sommer gesellig lebt,
im Winter einsam steht.
Könnte ich fliegen, würde ich folgen,
nur wem, Amsel oder Spatz,
könnte ich womöglich
nicht entscheiden,
würde ich also doch bleiben?
Nein, meine Neugier würde mich treiben,
im Wechsel aufschlagend,
abschlagend und gleitend
würde ich nachreisen
so weit, so lang Amsel und Spatz
noch eng zusammen flögen,
bis sie sich trennten,
dort würde ich halten,
dort würde ich die bestehenden Strömungen
mit leichten Bewegungen ausgleichen,
dort würde ich liegend stehen, schwebend wehen,
bis ich Amsel und Spatz irgendwann
nicht mehr sehen könnte,
sie würden endgültig entschwunden sein.
Der Regen kam überraschend
und so warten die Ruderer
unter der Brücke in Reih und Glied,
bis das Unwetter vorüber zieht.
Vor ihnen der prasselnde Regen, hinter ihnen auch,
über ihnen die schützende Brücke, auf der
ein Passant genüsslich seine Zigarette raucht
und gemütlich aufs Wasser schaut.
Es scheint, der Regen komme ihm
nicht ungelegen, so gelassen er dort steht,
als sei nichts, wäre nichts gewesen,
während es auf ihn niederschlägt.
Sein Blick, der nicht sucht, findet,
wie friedvoll das Wasser sich verbindet,
das fallende mit dem fließenden,
ein Kreis läuft in den nächsten.
Wer wo anfängt, wer wo aufhört,
ist nicht mehr zu entdecken,
während die Ruderer sich
nach wie vor verstecken.
Unter mir die Lichter der Stadt.
Der geschlossenen Geschäfte, die heute
kein Ziel mehr sein werden,
vielleicht morgen, die werben
mit großen weißen leuchtenden Lettern.
Der fahrenden Autos, die ein Stück
der Straße erleuchten, immer ein anderes,
eine helle Leuchtspur erschaffend, die sie
auf der dunklen Fahrbahn zum Ziel geleitet.
Der stehenden Straßenlaternen, die ein Stück
des Weges erhellen, immer dasselbe,
wartend auf einen Passanten, der die hellen Stücke
zu einem Weg zusammenfügt bis zu seinem Ziel.
Der wechselnden Wohnungen, die als Ziel
scheinen, es vorübergehend auch sind,
zumindest für die heutige Nacht,
den morgigen Tag, das kommende Jahr.
Über mir die Lichter nach der Sonne.
Der zarte Himmel
leuchtet hell in blau,
am Horizont in grau,
in lila und in gelb.
Es ist das gestreute Restlicht der
untergegangenen Sonne, das sein Ziel
noch findet, ehe es in ein paar Minuten
restlos verschwindet.
Gleich ist Dunkelheit,
die Sonnenstrahlen wandern vorbei
an diesem Teil der Erde
bis ans Ende aller Zeit.
In mir das Licht.
Das leuchtet.
Nach unten
wie nach oben.
Ohne Ziel.
Das leuchtet.
Nach innen.
Unsichtbar.
So hell.
Die Frische der Morgenluft.
Die Stille.
Der Duft von Aufbruch,
von Beginn.
Alle Sinne
erwachen.
Den Wind schmecken.
Wie er streichelt.
Den Wind tasten.
Wie er tönt.
Dem Wind zuhören.
Wie er zaudert.
Den Wind fühlen.
Wie er federt.
Den Wind sehen.
Wie er weht.
Er verlagert sein Gewicht
von dem einen aufs
andere Bein, springt leicht vor
und wieder zurück.
Es wirkt entrückt.
Er tanzt ohne Partner,
er tanzt allein,
keine Musik inspiriert.
Er improvisiert.
Ich schaue genau.
Jetzt verstehe ich seine
besondere Lage, er hat
ein Baby in der Trage.
Regen am Morgen.
Möwen krächzen.
Weite des Blicks.
Farbe des Landes.
Grün, dunkel bis hell.
Beige-Gelb.
Ein blauer Riss
zwischen den
grauen Wolken.
Graugänse landen schnatternd
Flügel schlagend
im pastellfarbenen Wasser
der Abenddämmerung,
schwimmen an gegen den Strom,
ruhen aus,
treiben dann mit dem Strom.
Graugänsen steigen schnatternd
Flügel schlagend auf
aus dem pastellfarbenen Wasser
der Abenddämmerung,
schweben dem Tagesende entgegen,
die Sonne ist gegangen,
der Mond noch nicht gekommen.
Also sagte er sich:
„Dann schweige ich.“
Bald redete sie nicht mehr.
Bis sie ihn bat,
etwas dazu zu sagen.
Er schwieg.
Sie auch.
Bis sie sagte, er möge
etwas dazu sagen.
Er schwieg.
Sie auch.
Bis sie schrie, er solle
endlich etwas dazu sagen.
Er sagte:
„Du schreist.“
Sie war den ganzen
Weg gerannt
bis zu ihm.
Er war den ganzen
Weg gerannt
bis zu ihr.
Daher war er nun bei ihr,
sie nun bei ihm und
keiner
bei sich.
Birken fielen,
ruhen entwurzelt,
liegen quer
am Boden.
Daneben Blätter
von Eichen,
von Buchen.
Dürre des
Hochsommers,
Ankündigung
des Herbsts.
Ich bleibe gerne stumm,
ich sitze dann nur rum,
ich denke dann: „Wie dumm,
ich sitze ja nur rum.“
Eine rote und eine blaue Fahne
wehen im weichen Wind.
Schwimmer drehen Bahnen,
neben mir schläft ein Kind.
Ich lieg im Schatten auf einer blauen Liege,
die rote Fahne hängt nun schlaff,
neben mir schwirrt eine Fliege,
ich ruhe aus, ganz ohne Hast.
Die blaue Fahne dreht sich um den Mast,
Das Kind erwacht mit einem Lachen,
die rote Fahne weiter schlaff
die Fliege kitzelt meinen Nacken.
Ich liege in der Sonne auf einer roten Liege,
die blaue Fahne hängt nun schlaff,
neben mir schwirrt eine Fliege,
ich ruhe aus, ganz ohne Hast.
Die rote Fahne dreht sich um den Mast,
Das wache Kind sorgt für Verzücken,
die blaue Fahne weiter schlaff,
die Fliege kitzelt meinen Rücken.
Die rote Fahne und die blaue
wehen im weichen Wind,
Schwimmer drehen Bahnen,
neben mir schläft ein Kind.
Ach, wäre mein Haut aus Gummi
könnt ich springen wie ein Flummi,
meine Gedanken flögen kreuz und quer
immer hin, immer her,
in meinem Kopf bald nur noch Matsch,
in meinem Kopf bald nur noch Quatsch,
ich wär ein riesengroßer Tor
und nähme alles mit Humor.
Der Wecker weckt sanft und leise,
Duft von frischem Kaffee in der Luft,
ich stehe auf und preise
den wunderbaren Tag,
der kommen mag.
Von wegen.
Der Wecker weckt auf nervtötende Weise
reißt mich aus einem Traum,
beendet die verrückte Reise
in die Tiefen des Weltraums
und nicht einmal Duft
von frischem Kaffee in der Luft.
Welch wunderbarer Tag,
der kommen mag.
Zwei Fliegen haben sich
in meine Küche verirrt,
sie stören mich,
sie stören nicht.
Das Küchenfenster
öffnete ich bereits
vor Tagen weit
sie flogen nicht hinaus.
Mal liebe ich diese Fliegen,
wie sie sich kaum merklich
auf meiner Haut niederlassen,
kitzelnd herumwandern, sie dann
wieder verlassen.
Mal hasse ich diese Fliegen,
wie sie schwirren,
ständig stören,
meine Gewohnheiten
durchqueren.
Immer respektiere ich
sie.
Wenn am Morgen der
ganze Tag vor dir liegt,
der halbe Tag dir
aber reichen würde.
Wenn am Mittag der
halbe Tag vor dir liegt,
gefühlt aber bereits
ein ganzer Tag hinter dir.
Wenn am Abend der
ganze Tag hinter dir liegt,
der nächste Tag aber vor dir.
Alle Fenster offen,
keins geschlossen,
die Nacht der
offenen Fenster
lädt ein
zu hören,
zu horchen,
zu lauschen,
den Lauten
der Menschen
den Geräuschen
der Dinge
allen Fetzen, die
von drinnen
nach draußen
dringen,
ungedämpft
und ungeschminkt
bis nur noch
der Schlaf
nachklingt.
Wochenende endet
Wochenanfang fängt an
Woche endet
Wochenende fängt an
Kommendes
Wochenendes
Ende
endet
Kommender
Wochenanfangs
Anfang
fängt
an
Kommende Woche endet
Kommendes Wochenende fängt an
Kommendes Wochenende endet
Kommender Wochenanfang fängt an
Obwohl vor Montag
gequetscht ist am Sonntag
kein Platz für Tristesse,
denn der Blues hat morgen
bereits genug zu tun,
heute darf er gemütlich ruhen,
morgen übrigens auch,
wie gnädig.
Ein Dreizeiler
Eins.
Zwei.
Drei.
Noch ein Dreizeiler
Ein Frühstückstisch.
Zwei Kaffee.
Drei Frühstückseier.
Kein Dreizeiler
Eins.
Zwei.
Drei.
Vier.
Rekapitulieren
was gewesen
ausbalancieren
das Gewissen
austarieren
die Art der Weise
still ruhig leise
vor der letzten Reise
dieses jeden Tages
ins Land der Träume
wartet.
Auf die kleinen Dinge achten,
im Zweifel vielleicht nicht gehen,
sondern stehen, einfach stehen,
umher schauen, umher sehen,
die Zeit in ihrem Lauf betrachten.
Sie steht wartend an der Kasse zwei
er steht wartend an der Kasse drei
sie schaut lächelnd hinüber ihn an
er schaut lächelnd hinunter hin auf
sein Handy,
bis er zahlt, nun endlich schaut er auf
in seinem Augenwinkel
nein,
sie ist längst gegangen.
Es wird ein heißer Tag
ohne frischen Regen,
aber mit Schneeflocken, die
wie magisch gen Erde schweben,
dort zu Wasser werden,
dort altes Leben erhalten,
dort neues Leben erwecken,
oder etwa nicht?
Ein Baum mit Gedichten steht
mitten in Hamburg und lädt
alle Müßiggänger ein,
zusammen müßiggängerisch zu sein.
Ein Gedicht mitzunehmen
oder eins zu hinterlassen,
anzuregen oder sich anregen zu lassen.
ganz nach Belieben, ganz nach Vernehmen.
Sie steht vor dem Baum und lächelt,
er lächelt zurück, eher aus Reflex,
halb perplex, sie steckt währenddessen
einen Zettel ins Netz am Baum.
Erst jetzt versteht er
den Baum mit Gedichten.
Und greift hinein,
auf seinem Zettel steht:
Lass uns zusammen eilen!
Lass uns zusammen verweilen!
Lass uns zusammen müßig gehen!
Lass uns zusammen beeilen!
Die Ampel für Fußgänger
springt von rot sofort
auf grün, kein Orange
liegt dazwischen.
Unweit der Ampel
überquert die Frau
die vierspurige Straße
ohne zu schauen.
Sie steigt in den Bus,
der quer durch die Stadt
fahren wird,
wie bald sie aussteigt?
Der Mann springt hinein,
kopfüber ins kalte Wasser,
eine Abkühlung
am Ende dieses heißen Tages.
Er schwimmt zum Land,
schaut hinein in die
untergehende Sonne,
die Orange ist, noch nicht rot.
Gleich wird er aufs Fahrrad steigen,
gleich wird er nach Hause fahren,
Wer wohl zuerst daheim sein wird,
Sie oder er?
Während das Wasser
rauscht, laut
vereint in einem seichten Strahl,
regelmäßig und edel,
verschwimmen
meine Gedanken
verschmelzen
meine Zellen
verlieren sich
meine Ideen.
Die Kreise werden
kleiner, endlich
zu Punkten
sanft und deutlich
rund und hell,
klar wie der tiefe See
nach einem geworfenen Stein.
Am Ende schließt
jeder Kreis,
so weit er ursprünglich
auch reichte
immer im Hier
als funkelnder Punkt
mit glitzernden Ausrufezeichen!